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CSD in Zeiten von Corona – Solidarität und Anerkennung für alle Formen geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung

Es ist der 28. Juni 1969 in New York: Zum ersten Mal widersetzen sich Homosexuelle bei einer Polizei-Razzia in einer Schwulenbar. Der Beginn einer der größten Emanzipationsbewegungen, die bis heute fortbesteht. Ein Jahr später trafen sich rund 4.000 Homosexuelle zu einer Demonstration, um erneut im New Yorker West Village an den Aufstand zu erinnern.[1]

Wo stehen wir heute rund 50 Jahre später mit der Akzeptanz der individuellen Sexualität in unserer Gesellschaft? Nach wie vor sind homosexuelle Menschen bzw. Menschen jedweder geschlechtlicher Orientierung Diskriminierung ausgesetzt – im Alltag, auf der Arbeit und in der Öffentlichkeit.

Doch tatsächlich ist dieses Thema noch viel breiter zu fassen. Es geht auch um die Frage, wieso die geschlechtliche Identität neben der sexuellen Orientierung, noch so eine große Rolle spielt. Wir alle sollten ein Recht auf die individuelle Freiheit haben, das Leben so führen zu können, wie wir es möchten und wie es sich richtig anfühlt, unabhängig von der Art, wie wir unsere eigene Geschlechtsidentität erleben und wen wir lieben. Hier ist noch immer viel Aufklärungsarbeit notwendig, um das Verständnis für individuelle Empfindungen in der Gesellschaft zu erzeugen. Vorurteile, Stigmatisierung und Diskriminierung müssen ein Ende finden. Diversität bereichert das Zusammenleben aller.

Doch was verstehen wir überhaupt unter “Geschlechtsidentität?

“Geschlechtsidentität – auf Englisch Gender – ist das, was wir selbst über unser Geschlecht wissen, egal, was andere uns sagen. Wie dieses innere Wissen entsteht, weiß niemand sicher. Es lässt sich aber nicht ohne Weiteres beeinflussen oder ändern. Die Geschlechtsidentität kann und soll niemandem aufgezwungen werden.” Fakt ist, es gibt nicht eine begrenzbare Anzahl an Geschlechtern, d.h. alle Beispiele, die wir hier aufführen könnten, würden niemals die Vollständigkeit abbilden. Zwei wichtige Begriffe in diesem Kontext sind jedoch “cis” und “trans”. Von “cisgeschlechtlich” sprechen wir, wenn die eigene Geschlechtsidentiät mit dem Geschlecht übereinstimmt, welches wir bei der Geburt zugewiesen bekommen haben. “Transgeschlechtlich” hingegen beschreibt, das die eigene Geschlechtsidentiät nicht mit dem von Geburt an zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.[2] Es spielt hier keine Rolle, ob sich diese Menschen für geschlechtsangleichende Maßnahmen entscheiden oder nicht.

Häufig wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff “queer” verwendet. Dieser wird nahezu für alle geschlechterspezifischen Normen verwendet, die nicht der heterosexuellen Orientierung entsprechen.[3]

Welche Formen der sexuellen Orientierung kennen wir?

  • Asexualität: Kein sexuelles Verlangen, emotional meist auf der platonischen Ebene
  • Bisexualität: Sexuelles Interesse am weiblichen und männlichen Geschlecht
  • Heterosexualität: Sexuelles Interesse am anderen binären Geschlecht
  • Homosexualität: Sexuell von gleichgeschlechtlichen Menschen angezogen
  • Pansexualität: Sexuelles Interesse unabhängig des Geschlechts [4]

Auch in diesem Jahr hätte der CSD Mittelhessen wieder in Marburg stattfinden sollen. Aufgrund der Corona-Pandemie kann diese, für die mittelhessische queere Community so wichtige, Kundgebung nicht stattfinden. Lediglich kleinere Events werden organisiert. Gerade in Zeiten wieder zunehmender Intoleranz müssen wir die Aufmerksamkeit für diese Themen gewinnen. Letztes Jahr hatte der CSD Mittelhessen um die 3.000 Teilnehmende, aus Sicht von uns Marburger PIRATEN ein voller Erfolg. Wir sind uns sicher: Auch dieses Jahr hätten wir eine bunte Parade gefeiert und so ein ausdrucksstarkes Zeichen gesetzt, um wahre Gleichberechtigung zu erreichen!

Dass solche Zeichen notwendig sind, zeigen diverse Beschneidungen der Rechte von Menschen, welche nicht der cis-heterosexuellen Mehrheit angehören. So ist es vielen queeren Menschen beispielsweise nicht möglich, Blut zu spenden: Es wird nicht das reale Risikoverhalten erfragt, sondern viele nicht-cis/heterosexuelle Menschen werden pauschal ausgeschlossen. [5] Auch bestehen beim Transsexuellengesetz und bei den Belangen intersexueller Menschen erhebliche Verbesserungsbedarfe. Zwar wurden mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe auch Diskriminierungen beseitigt, aber andererseits wurde § 3 unseres Grundgesetzes bis heute nicht um das Merkmal der sexuellen Orientierung erweitert.

Christian Dersch, Vorsitzender des Kreisverbandes Marburg-Biedenkopf, äußert sich: “Freiheit, Würde und Teilhabe sind die Grundwerte der Piratenpartei. Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der jeder Mensch frei seine geschlechtliche Identität ausleben und sich den Partner frei aussuchen kann. Die Würde eines Menschen hängt weder von seiner geschlechtlichen Identität ab, noch von dem Lebenspartner, den er sich aussucht. Jeder Mensch ist wertvoll und hat sein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe verdient. Dafür haben wir PIRATEN beim CSD Mittelhessen 2019 demonstriert, dazu bekennen wir uns hier und dafür werden wir auch bei künftigen CSD-Kundgebungen wieder auf die Straße gehen!”

Dieser Blogbeitrag lehnt sich an einen Blogbeitrag der Piratin Lisa Römer unserer Frankfurter Piratenfreunde an. Wir danken an dieser Stelle für den Support.